Frau stolpert über Hund: Besitzerin muss zahlen
Eine 61-Jährige ist beim Versuch, nach ihrem Einkauf ein Geschäft zu verlassen, über den schlafenden Hund einer Verkäuferin gestolpert. Sie verletzte sich und forderte Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro. Das Oberlandesgericht Hamm entschied: Die Hundebesitzerin muss zahlen.
Schlafende Hunde sollte man doch lieber wecken
Die Beklagte argumentierte, dass in diesem Fall die Tierhalterhaftung nicht greife und die Kundin den Sturz aufgrund ihrer Unaufmerksamkeit selbst verschuldet habe. Nachdem das Landgericht Hagen die Klage noch ablehnte, hatte die Klägerin vor dem Oberlandesgericht Hamm mehr Erfolg. Die Richter des 19. Zivilsenats entschieden in ihrem Urteil vom 15.02.2013 (AZ: 19 U 96/12), dass die Tierhalterhaftung gemäß § 833 BGB auch dann gilt, wenn jemand über einen schlafenden Hund stolpert. Laut Gericht habe die träumende Schäferhündin ein „gefährliches Hindernis“ dargestellt.
§ 833 BGB: Haftung des Tierhalters
„Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.“
„Unberechenbarkeit und Selbstständigkeit tierischen Verhaltens“
Der Sturz der Frau sei auf die Unberechenbarkeit und Selbstständigkeit tierischen Verhaltens zurückzuführen und damit auf eine Gefahr, die für Tiere typisch sei, und genau deshalb gelte die Tierhalterhaftung, begründete das Gericht sein Urteil. Die Schäferhündin habe ein gefährliches Hindernis dargestellt, weil sie sich ohne Rücksicht auf die Kundschaft in den Geschäftszugang begeben und dort geruht habe. Ein solch unbekümmertes Verhalten entspreche der tierischen Natur. Das begründe die Tierhalterhaftung. Insoweit könne sich die Verkäuferin nicht darauf berufen, dass die Hündin schlafend und damit regungslos auf dem Boden gelegen habe, als die Klägerin über sie gestürzt sei.
Hund war öfter im Geschäft
Die Verkäuferin brachte ihre Hündin mit Zustimmung des Geschäftsinhabers regelmäßig in das Geschäft mit. Am Unfalltag hatte sich die Schäferhündin eigenmächtig in den etwa 1,5 Meter von der Kasse entfernten Eingangsbereich begeben und legte sich dort so hin, dass der Eingang fast komplett versperrt war. Die Kundin hatte das Tier übersehen, als sie nach dem Bezahlen an der Kasse das Geschäft verlassen wollte.
Selber schuld? Nein!
In seinem Urteil verneint das Oberlandesgericht eine Mitschuld der Kundin, weil der Hund für sie schwer wahrnehmbar gewesen sei. Die Beklagte habe allerdings fahrlässig gehandelt, denn sie hatte weder die Kundin vor dem Hund gewarnt noch ihn aus dem Eingangsbereich weggeschafft – obwohl sie wusste, dass dort sein Lieblingsplatz sei. „Dass die Beklagte dies unstreitig nicht tat, begründet bei der gegebenen Sachlage den Vorwurf der Fahrlässigkeit, weil sie außer Acht gelassen hat, was von einem Verständigen in ihrer Lage und mit ihrer Kenntnis zu erwarten war“, heißt es im Urteilsspruch.
Schäden durch den eigenen Hund: wer zahlt?
Privathaftpflicht allein reicht nicht
Für den Fall, dass der Vierbeiner Schäden verursacht, sollten Hundebesitzer eine Hundehaftpflichtversicherung abschließen. Eine Privathaftpflichtversicherung bietet für Hundehalter keinen ausreichenden Versicherungsschutz, weil sie nur Kleintiere wie Katzen und Vögel einschließt. Wichtig zu wissen ist auch, dass bei Hunden die Gefährdungshaftung gilt. Das bedeutet: Egal, ob der Besitzer tatsächlich einen Fehler gemacht hat – für den entstandenen Schaden muss in vollem Umfang gezahlt werden. Im schlimmsten Fall kann das die eigene finanzielle Existenz gefährden.
In der eigenen Wohnung über fremden Hund gestolpert: Kein Geld
In einem weiteren Stolper-Fall urteilten die Richter anders: Eine Frau, die in ihrer eigenen Wohnung über den Hund einer Freundin stürzte und sich dabei die Hand brach, hat keinen Anspruch auf Schadenersatz, entschied das Oberlandesgericht Celle am 19.03.2014 (20 U 4/14). Der Hund hatte sich in einem Flur zur Ruhe gelegt. Die Wohnungseigentümerin war nach einem Gespräch mit der Freundin in den Flur gegangen, ohne nach dem Hund Ausschau zu halten und ohne das Licht einzuschalten. Sie stürzte und verlangte in der Folge Schadenersatz von der Hundebesitzerin.
„Sie hätte besser aufpassen müssen“
Die Richter sahen in diesem Fall ein Mitverschulden der Klägerin, hinter das die Tiergefahr nach § 833 BGB als Haftungsgrund gänzlich zurücktrete. Die Gestürzte hätte einfach aufmerksamer aufpassen müssen. Sie habe trotz der schlechten Lichtverhältnisse und obwohl sie wusste, dass sich ein Hund in der Wohnung befindet, nicht aufgepasst, wo sie hintrat und damit den Sturz selbst verschuldet. Gerade auch, weil sie selbst Hundehalterin sei, hätte sie nach Meinung des Gerichts damit rechnen müssen, dass der Hund im Flur ruht.