Eingeschränkte Sozialversicherungen im Gefängnis
Während man ohne die Möglichkeit zur freien Beschäftigung im Gefängnis ist, ruhen mehrere Sozialversicherungen. Verschiedene Wohlfahrtsverbände und Organisationen protestieren seit Jahren dagegen, weil sie darin gravierende Einschränkungen der gesundheitlichen und sozialen Absicherung sehen.
So beeinflusst eine Haftstrafe die Sozialversicherungen
Den meisten Menschen dürfte wohl nicht bekannt sein, wie Menschen im Gefängnis versichert sind und wie für die Zeit in Freiheit vorgesorgt wird. Aus diesem Grund bemühen sich verschiedene Organisationen darum, mehr Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken. Dabei geht es vor allem um die Frage der Rente beziehungsweise Altersvorsorge und die Krankenversicherung.
Gefangene sind nicht völlig ohne Versicherungsschutz
Während der Haftzeit sind verurteilte Straftäter nicht völlig ohne Versicherungsschutz. Neben der Absicherung über die freie Heilfürsorge ist man als arbeitender Gefangener unfallversichert. Und durch die Haft verliert man nicht den Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit nach der Entlassung aus dem Strafvollzug. Für Familienangehörige geht zwar zunächst die Absicherung über die gesetzliche Krankenversicherung verloren, doch hier lässt sich ganz einfach eine eigenständige Mitgliedschaft beantragen. Bei den Sozialversicherungen kommt es stark darauf an, ob man zu Arbeit im Gefängnis verpflichtet ist oder aber während des Strafvollzugs bei einem privaten Unternehmen arbeitet.
Überblick: Sozialversicherungen im Gefängnis
Versicherung | Läuft die Versicherung weiter? | Details |
---|---|---|
Krankenversicherung | Die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung ruht. Auch die private Krankenversicherung ruht oder kann als Anwartschaftsversicherung weitergeführt werden. Die Versicherung kann weder vom Versicherer noch vom Versicherten gekündigt werden. Die Ausnahme: Man arbeitet auch während des Strafvollzugs für ein privates Unternehmen. | |
Rentenversicherung | Es werden von verpflichtender Arbeit auch keine Beiträge in die Rentenversicherung gezahlt. Auch hier sieht es dann anders aus, wenn man weiterhin für ein Unternehmen arbeitet. | |
Arbeitslosenversicherung | Gefangene zahlen für die Zeiten, in denen sie aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung im anstaltseigenen Betrieb arbeiten, in die Arbeitslosenversicherung ein. Das gilt aber nur für die Tage, an denen sie tatsächlich arbeiten | |
Unfallversicherung | Während der Arbeit oder arbeitstherapeutischen Maßnahmen sind Gefangene gesetzlich unfallversichert. |
Wann ist man sozialversicherungspflichtig?
Wenn Gefangene einen Arbeitsvertrag mit einem privaten Unternehmen haben, besteht eine Versicherungspflicht in Kranken-, Renten-, Pflege und Arbeitslosenversicherung. Das Arbeitsentgelt ist sozialversicherungspflichtig.
Kritik an Gesundheitsversorgung
2016 kritisierte der paritätische Gesamtverband, dass die Gesundheitsversorgung, obwohl sie theoretisch der gesetzlich versicherter Personen entsprechen sollte, in der Praxis hinter diesem Anspruch zurückbleibt. Er wies auch auf die Ungleichbehandlung von Berufsfreigängern und von Gefangenen mit Arbeit innerhalb der Anstalt hin, die sich durch die unterschiedliche Versicherungssituation ergibt.
Was passiert mit einem bestehenden Arbeitsverhältnis?
Nicht immer bedeutet eine Haftstrafe auch eine Kündigung. Manchmal wird ein Beschäftigungsverhältnis auch nur ruhend gestellt. Für die Dauer eines Monats bleibt das sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis erhalten, danach endet die Sozialversicherungspflicht und der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer abmelden. Wenn die Haftstrafe endet und der Arbeitnehmer den Job wieder aufnimmt, muss der Arbeitgeber ihn wieder anmelden, weil er nun wieder sozialversicherungspflichtig ist.
Experten-Meinung:
„In der Tat ist es so, dass Strafgefangene im klassischen Sinn, das heißt ohne Möglichkeit auf Freigang und freie Beschäftigung, nicht kranken- und rentenversichert sind. Für die medizinische Versorgung sind die jeweiligen Anstaltsärzte zuständig. Die Kosten der Gesundheitsversorgung von Gefangenen werden von der freien Heilfürsorge übernommen“, sagt Versicherungsexperte Alexander Vorgerd.
Was passiert mit privaten Versicherungen?
Die private Vorsorge, zum Beispiel über eine Lebensversicherung, bleibt zunächst unberührt. Doch müssen Gefangene die Weiterzahlung der Versicherungsbeiträge gewährleisten. Die geringen Arbeitsentgelte im Strafvollzug reichen nicht, um Versicherungen auch für die Dauer der Haft finanzieren zu können. Gerade Geringverdiener würden von einer deutlichen Anhebung der Bezahlung für Gefängnisarbeit profitieren.
Urteil: Der Schutz der Berufsunfähigkeitsversicherung gilt weiter
Wer während der Haft berufsunfähig wird, hat weiterhin Anspruch auf die Auszahlung einer Berufsunfähigkeitsrente. Denn solange in den Bedingungen der Berufsunfähigkeitsversicherung eine Inhaftierung kein Grund für den Verlust der Leistungen ist, darf die Auszahlung nicht verweigert werden. Das hat das OLG Karlsruhe entschieden (Quelle).
Versicherungen während Untersuchungshaft
Noch bevor ein Urteil gesprochen wurde, können Menschen zu Gefangenen werden. In der Untersuchungshaft unterliegen sie denselben Regelungen wie Strafgefangene, was die Sozial- und Krankenversicherung betrifft.
Caritas und andere streiten für soziale Absicherung Gefangener
Mehrere Organisationen setzen sich dafür ein, dass zum Beispiel von in der Haft bezogenen Arbeitsentgelten ein Teil in die gesetzliche Rentenversicherung abgeführt wird. Das ist bislang nicht der Fall. Und selbst wenn diese Forderung vom Gesetzgeber umgesetzt würde, sind die Einkünfte aus Arbeit sehr gering. Aus diesem Grund fordert zum Beispiel der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge auch höhere Löhne.
Absicherung soll Resozialierung erleichtern
Mit Blick auf das Ziel der Resozialisierung wären Inhaftierte durch Zahlung von Rentenbeiträgen vermutlich besser vor Altersarmut und sozialem Ausschluss geschützt. Bis auf Weiteres bleiben Gefängnisinsassen von den Sozialsystemen ausgeschlossen. Dieser soziale Ausschluss kann sich in der Zeit nach der Freilassung fortsetzen. Zum Beispiel, weil die fehlende soziale Absicherung zu Armut und Bedürftigkeit führt. Und das kann ein neuer Auslöser von Kriminalität sein.
Lücken bei Alters- und Erwerbminderungsrente
Bärbel Knorr, Leiterin des Fachbereichs „Strafvollzug“ der Deutschen Aidshilfe, erklärte in einem Zeitungsinterview Ende Oktober 2017, was in Sachen Versicherung für Gefangene das Problem ist: So hätten bereits vor 20 Jahren Gefangene gegen den Ausschluss aus der Rentenversicherung Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. „Das Bundesverfassungsgericht sah die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge zwar auch als wünschenswert an, verpflichtete aber den Gesetzgeber nicht, die dafür im Strafvollzugsgesetz vorbereiteten Paragrafen in Kraft treten zu lassen.“ Frau Knorr wies zudem darauf hin, dass sich auch für die Erwerbsminderung Versicherungslücken auftun können, sodass Gefangene keine Ansprüche auf eine entsprechende Rente hätten (Quelle).