Eine Rechtsschutzversicherung mit einer Klausel, welche die Kostenübernahme für Streit zwischen unverheirateten Paaren bei Streitigkeiten im ursächlichen Zusammenhang mit ihrer Beziehung ausschließt, darf tatsächlich nur dann die Leistung verweigern, wenn der ursächliche Zusammenhang besteht. Geht es beim Streit hingegen um ein Rechtsgeschäft, wie es auch mit Dritten hätte stattfinden können, muss die Versicherung leisten. Das hat das Oberlandesgericht München mit einem Hinweisbeschluss vom 03. Juni 2016 entschieden.
Der Fall: Anspruch auf Rechtsschutz nach Trennung?
2016 setzten sich Gerichte mit der Frage auseinander, wann die Rechtsschutzversicherung für den Rechtsstreit unverheirateter Partner nach deren Trennung aufkommen muss. Im vorliegenden Fall (Az. 25 U 1054/15) hielt die Klägerin bei der Beklagten eine Rechtsschutzversicherung. In den Versicherungsbedingungen war aufgeführt, dass Schadensfälle, zu denen ein ursächlicher Zusammenhang zu einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft besteht, vom Vertrag und vom Versicherungsschutz ausgenommen sein sollten.
Ein Darlehen für den Freund als Auslöser der Klage
Die Klägerin und ihr Partner, mit dem sie in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebte, trennten sich. Es folgte ein Streit um die Rückzahlung von zwei Darlehen. Die Klägerin hatte sie für ihren Lebenspartner aufgenommen, um diesen aus finanziellen Schwierigkeiten zu befreien, in die er aufgrund seines Gewerbebetriebs geraten war.
Versicherer lehnt die Kostenübernahme ab
Der Streit eskalierte, die Klägerin wollte rechtliche Hilfe beanspruchen und berief sich auf die Rechtsschutzversicherung zur Übernahme der Kosten. Der Versicherer machte allerdings die Ausschlussklausel geltend und lehnte die Übernahme der Kosten ab. Daraufhin klagte die Versicherte.
Entscheidung zugunsten der Versicherten
In der ersten Instanz entschied das zuständige Gericht zu ihren Gunsten. Das Münchner Oberlandesgericht musste sich danach mit der eingereichten Berufung auseinandersetzen. Dort hatte der Versicherer ebenfalls keine Aussicht auf Erfolg. Das Gericht befand, dass es sich der Entscheidung der Vorinstanz anschließen wollte. Danach nahm der Versicherer seine Berufung gegen das Urteil zurück.
Kein Leistungsausschluss ohne ursächlichen Zusammenhang
Die Richter argumentierten, dass die Anwendung der Klausel zu einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft bestimmte Voraussetzungen verlangt. So muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Gemeinschaft und dem anstehenden Rechtsstreit bestehen. Der Versicherungsschutz darf nicht noch stärker verkürzt werden als dies der Zweck der Klausel gebietet. Deshalb war die Ausschlussklausel grundsätzlich recht eng auszulegen.
Keine weitere Verkürzung des Versicherungsschutzes
Für die Gewährung des Darlehens an den ehemaligen Lebensgefährten bedeutet das, dass es sich um ein Rechtsgeschäft handelt, wie man es in der Regel auch mit Dritten abschließen kann. Aus diesem Grund muss der Versicherer der Klägerin eine Deckung der Rechtsanwalts- und Gerichtskosten erlauben. Es würde den bestehenden Versicherungsschutz noch stärker verkürzen, wenn die rechtliche Auseinandersetzung aus dem Deckungsumfang einer solchen Versicherung herausgelöst würde. Demnach hat der Versicherer die Kosten für den Rechtsstreit zu tragen.
Urteil mit Grundsatzcharakter
Das Urteil des Oberlandesgerichts hat durchaus Grundsatzcharakter. In der Regel sind Streitigkeiten unter Lebenspartnern in der Rechtsschutzversicherung nicht zur Kostenübernahme vorgesehen. Das Gericht legt nun die Umstände fest, in denen es trotzdem zu einem Ausgleich der Auslagen kommen könnte.
Position nicht verheirateter Paare gestärkt
Für weitere Auseinandersetzungen könnten sich daraus eine grundlegende Richtlinie ergeben, durch die Betroffene zukünftig leichter ihre Ansprüche durchsetzen können. Dadurch wird das Recht des Verbrauchers auch in einer nicht ehelichen Gemeinschaft besser geschützt. Insbesondere der Partner, der die Zahlungsverpflichtungen eingeht, wird so in seiner Position gestärkt.
Unverheiratete Paare in Deutschland
Aus den Zahlen des Mikrozensus geht hervor, dass 2019 in Deutschland 6,5 Millionen Personen in nicht ehelichen Lebensgemeinschaften in einem Haushalt lebten. Die Rechtssprechung rund um die Rechtsschutzversicherung für unverheiratete Paare ist also für viele relevant.
Gilt die Rechtsschutzversicherung auch für Lebenspartner?
Man kann den Partner in der Rechtsschutzversicherung mitversichern oder nachträglich mit in den Vertrag aufnehmen. Eine Ehe ist dafür nicht notwendig. Bei einer Trennung endet die gemeinsame Versicherung und bleibt beim zuerst eingetragenen Partner.
Auch bei anderen Versicherungen können nicht verheiratete Partner sparen, indem sie gemeinsame Verträge abschließen. Hier sollten Sie jedoch beachten, dass Ansprüche gegeneinander teilweise nicht versichert sind.