Lohnt sich die betriebliche Berufs­unfähigkeits­versicherung?

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine betriebliche Berufs­unfähigkeits­versicherung ist selbständig (also als SBU) oder als Zusatz­versicherung (BUZ) zur betrieblichen Altersvorsorge möglich.
  • Vorteile einer betrieblichen Berufs­unfähigkeits­versicherung sind die vereinfachten Annahmekriterien und die Ersparnis bei den Sozialabgaben. Arbeitgeber können so Arbeitskräfte gewinnen und an ihr Unternehmen binden.
  • Nachteile sind die eingeschränkten Möglichkeiten zur Gestaltung der Versicherung, die Besteuerung der Berufs­unfähigkeitsrente und dass der Arbeitgeber beim Beantragen einer Berufs­unfähigkeitsrente Einblick in Gesundheitsinformationen erhält.

Das erwartet Sie hier

Welche Modelle der betrieblichen Berufs­unfähigkeits­versicherung es gibt und welche Vor- und Nachteile sie für Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat.

Inhalt dieser Seite
  1. So funktioniert die Versicherung
  2. Vorteile
  3. Nachteile
  4. Fazit

So funktioniert die betriebliche Berufs­unfähigkeits­versicherung

Icon Angestellte

Direkt­versicherung über den Arbeitgeber

Neben der Möglichkeit, sich privat gegen Berufs­unfähigkeit zu versichern, ist eine Berufs­unfähigkeits­versicherung auch als Direkt­versicherung über den Arbeitgeber möglich. Hier handelt der Arbeitgeber die Konditionen für die Versicherung aus und ist der Vertragspartner des Versicherers. Versichert sind jedoch die Angestellten. Eine betriebliche Berufs­unfähigkeits­versicherung kann ein eigenständiger Vertrag (SBU) sein oder aber als Zusatz­versicherung (BUZ) in die Altersvorsorge integriert werden.

Direkt­versicherung in der betrieblichen Altersvorsorge


Zusatz­versicherung zur Altersvorsorge: Zwei Varianten

Enthält eine betriebliche Altersvorsorge eine Berufs­unfähigkeitszusatz­versicherung (BUZ) als Baustein, kann das zwei Dinge bedeuten:

  • Beitragsbefreiung im Fall einer Berufs­unfähigkeit
  • Beitragsbefreiung und Auszahlung einer Berufs­unfähigkeitsrente
Icon Blatt mit Lupe

Lohnt sich eine Berufs­unfähigkeits­versicherung überhaupt?

Leider ist das Risiko, aus gesundheitlichen Gründen berufsunfähig zu werden, relativ hoch – etwa jede vierte Person ist im Laufe ihres Lebens betroffen – und oft erweist sich die Absicherung durch die Erwerbsminderungs­rente als unzureichend. Eine Berufs­unfähigkeits­versicherung stellt eine gute Absicherung für diese Situation dar, da sie eine monatliche Rente zahlt, wenn man nicht länger im versicherten oder zuletzt ausgeübten Beruf arbeiten kann beziehungsweise zu mehr als 50 Prozent darin eingeschränkt ist.

Sofern es keine Leistungsausschlüsse gibt, versichert Sie die Berufs­unfähigkeit unabhängig davon, welches gesundheitliche Problem die Ursache ist. Somit sind auch so wichtige Ursachen wie Rückenprobleme oder psychische Krankheiten versichert.

Ist die Berufs­unfähigkeits­versicherung sinnvoll?

Icon dunkelhaariger Mann

So kann ein Leistungsfall aussehen

Unsere Beispielperson hat über ihren Arbeitgeber eine betriebliche Altersvorsorge und eine betriebliche Berufs­unfähigkeits­versicherung abgeschlossen. Mit 52 Jahren wird sie berufsunfähig. Sie erhält eine Berufs­unfähigkeitsrente von 1.200 Euro. Sobald sie das Rentenalter erreicht, geht diese in die Betriebsrente über. Da zu der betrieblichen Berufs­unfähigkeits­versicherung auch eine Beitragsbefreiung bei Berufs­unfähigkeit gehört, hat die Versicherung die Betriebsrente weiterfinanziert.


Optionen der Finanzierung

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Berufs­unfähigkeits­versicherung zu finanzieren:

  • 100 Prozent des Beitrags werden vom Arbeitgeber gezahlt; dieser kann sie als Betriebsausgaben von der Steuer absetzen
  • Arbeitgeber und Mitarbeiter teilen sich die Kosten; Arbeitgeber können ihren Anteil als Betriebsausgabe absetzen und sparen Lohnnebenkosten
  • Der Arbeitnehmer trägt über die Entgeltumwandlung die Kosten: Der Beitrag wird vom Bruttogehalt abgezogen und reduziert die Steuern und Sozialabgaben. Hinzu kommt ein Arbeitgeberzuschuss, da der Arbeitgeber die eingesparten Sozialabgaben an den Arbeitnehmer weitergeben muss

So funktioniert die Entgeltumwandlung

Variante Kollektivlösung

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Es gibt auch die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber den vertraglichen Rahmen schafft und die Konditionen für die Mitarbeiter aushandelt, diese dann aber selbst Vertragspartner der Versicherung sind. Direkte finanzielle Vorteile gibt es in dieser Version weder für Arbeitnehmer noch Arbeitgeber. Auch wenn erstere davon profitieren können, dass die für die Gruppe ausgehandelten Konditionen besser sind als die, die sie bei einem individuellen Vertrag bekommen hätten. Bei den Recherchen für diesen Artikel ist uns diese Variante mehrfach begegnet, unsere Berater haben jedoch keine Erfahrung damit.

Icon Personalbeschaffung

Warum bieten Arbeitgeber eine betriebliche Berufs­unfähigkeits­versicherung an?

Für Arbeitgeber ist das Angebot einer betrieblichen Berufs­unfähigkeits­versicherung in erster Linie eine Möglichkeit, sich im Wettbewerb um kompetente Arbeitskräfte von der Konkurrenz abzuheben und Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden. Oft hält sich auch der Aufwand in Grenzen. Auch kleine Unternehmen können eine betriebliche Berufs­unfähigkeits­versicherung abschließen. Es entstehen allerdings auch Haftungsrisiken.

Das bietet ein guter Vertrag

Eine gute Berufs­unfähigkeits­versicherung sollte Versicherten folgendes bieten:

Mehr zu wichtigen Klauseln und Regelungen

Vorteile der betrieblichen Berufs­unfähigkeits­versicherung

Vereinfachte Gesundheitsfragen

Wer eine private Berufs­unfähigkeits­versicherung abschließen will, muss einen umfangreichen Fragenkatalog zu seiner Gesundheit beantworten. Ob Vor­erkrankungen oder andere Risikofaktoren vorliegen, entschiedet darüber, ob der Versicherer einen Risikozuschlag verlangt, bestimmte Ursachen der Berufs­unfähigkeit vom Versicherungsschutz ausschließt oder den Antrag ablehnt. Im Vergleich dazu sind die Gesundheitsfragen bei der betrieblichen Berufs­unfähigkeits­versicherung stark vereinfacht. Insbesondere bei großen Arbeitgebern genügt oft eine sogenannte Dienstobliegenheitserklärung.

Typische Fragen bei der Dienstobliegenheitserklärung

  • Ist der zu versichernde Mitarbeiter aktuell arbeitsfähig und war in den letzten Jahren auch nicht lange arbeitsunfähig?
  • Liegt ein Grad der Behinderung, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit, ein Pflegegrad oder ähnliches vor?
  • Bekommt der Mitarbeiter aktuell eine Erwerbsminderungs- oder Berufs­unfähigkeitsrente oder läuft ein Antrag darauf?

Ein Vorteil für Menschen mit Vor­erkrankungen

Wegen dieser vereinfachten Gesundheitsfragen stellt die betriebliche Berufs­unfähigkeits­versicherung für Personen, die sich privat nicht oder nur lückenhaft versichern können, eine Chance dar, doch noch Versicherungsschutz zu erhalten. Auch ist der Aufwand für die Beantwortung der Gesundheitsfragen geringer, da hier keine Recherchen nötig sind, um der vorvertraglichen Anzeigepflicht zu genügen.


Icon Sparschwein

Reduzierte Steuern und Sozialabgaben in der Ansparphase

Bei der Entgeltumwandlung werden die Beiträge zur Berufs­unfähigkeits­versicherung vom Bruttogehalt gezahlt – das bedeutet, dass man Steuern und Sozial­versicherungsbeiträge spart. Beachten Sie jedoch, dass sich so auch Ihre Beiträge zur gesetzlichen Renten­versicherung und damit Ihre Rente reduzieren. 2024 können Angestellte bei einer Direkt­versicherung monatlich bis zu 302 Euro sozialabgabenfrei und 604 Euro steuerfrei einzahlen.


So hoch ist der Arbeitgeberzuschuss

Bei der Entgeltumwandlung spart der Arbeitgeber Sozial­versicherungsbeiträge, muss diese jedoch in Form des Arbeitgeberzuschusses an die Angestellten weitergeben. Der Arbeitgeberzuschuss beträgt mindestens 15 Prozent des umgewandelten Beitrags. Arbeitgeber können freiwillig einen größeren Anteil übernehmen. Durch die Kombination aus Arbeitgeberzuschuss und reduzierten Steuern und Sozialabgaben zahlt man für eine betriebliche Berufs­unfähigkeits­versicherung weniger als für eine private Berufs­unfähigkeits­versicherung mit vergleichbaren Konditionen. Oft kommt noch hinzu, dass Gruppentarife besonders günstig sind.

Icon Euroscheine und Münzen

Icon Achtung

Achtung: Besonderheiten bei Krankengeld und Elternzeit

Die Beteiligung des Arbeitgebers an den Beiträgen zur Berufs­unfähigkeits­versicherung ist in der Regel an das Gehalt gebunden. Das heißt, dass Angestellte ihre Versicherungsbeiträge vollständig selbst bezahlen müssen, wenn sie zum Beispiel Krankengeld bekommen oder in Elternzeit sind. Aus diesem Grund sollten Sie zusätzlich vereinbaren, dass der Arbeitgeber die Beiträge auch während der Zeit übernimmt, in der Arbeitnehmer nicht mehr arbeiten können, aber auch noch keine Berufs­unfähigkeit festgestellt wurde.

Nachteile der betrieblichen Berufs­unfähigkeits­versicherung

Arbeitgeber wählt Versicherer und vereinbart Bedingungen

Bei der betrieblichen Berufs­unfähigkeits­versicherung wählt der Arbeitgeber den Versicherer aus. Das bedeutet, dass die betriebliche Berufs­unfähigkeits­versicherung anders aussehen kann als die Versicherung, die man als Arbeitnehmer selbst gewählt hätte. Es ist zum Beispiel möglich, dass günstige Beiträge unter anderem damit erkauft sind, dass der Schutz der Versicherung nur bis 63 statt bis zum regulären Renteneintrittsalter gilt.

Das sind die besten Anbieter

Icon Papiere

Potenzial für Konflikte und eingeschränkten Datenschutz

Der Arbeitgeber ist der Vertragspartner der Versicherung. Das bedeutet, dass er im Fall einer Berufs­unfähigkeit den Anspruch auf eine Berufs­unfähigkeitsrente geltend machen muss und im Zusammenhang damit weitaus mehr über den Gesundheitszustand und die Gesundheitshistorie des Arbeitnehmers erfährt, als es normalerweise der Fall wäre. Hier gibt es Potenzial für Konflikte und dafür, dass eigentlich vertrauliche Gesundheitsinformationen vom Arbeitgeber eingesehen und gegen den Arbeitnehmer eingesetzt werden.


Icon Vertrag kündigen

Begrenzte Portabilität

Oft ist es nicht möglich, die betriebliche Berufs­unfähigkeits­versicherung bei einem Arbeitgeberwechsel mitzunehmen. Denn auch wenn eine Übertragung theoretisch möglich ist, lassen sich nur wenige Arbeitgeber darauf ein. In der Regel muss der Vertrag also privat weitergeführt oder ein neuer Vertrag geschlossen werden. Entscheidet man sich, den Vertrag privat weiterzuführen, bedeutet das, dass man nun den vollen Versicherungsbeitrag aus dem Nettoeinkommen zahlt.

Zum Vergleich: Berufswechsel mit einer privaten BU

Beiträge für die Kranken- und Pflege­versicherung

Wer eine private Berufs­unfähigkeits­versicherung abgeschlossen hat und in der gesetzlichen Kranken­versicherung pflichtversichert ist, muss von seiner Berufs­unfähigkeitsrente keine Beiträge für die Kranken- und Pflege­versicherung zahlen. Anders sieht es bei einer betrieblichen Berufs­unfähigkeitsrente aus: Auf diese fallen Kranken- und Pflege­versicherungsbeiträge an, was sie um fast 20 Prozent reduziert. Für freiwillig gesetzlich Versicherte macht es keinen Unterschied, ob sie privat oder betrieblich gegen Berufs­unfähigkeit versichert sind, weil sie auch bei einer privaten Berufs­unfähigkeitsrente Versicherungsbeiträge zahlen.

Volle Besteuerung der Berufs­unfähigkeitsrente

Die Leistungen der betrieblichen Berufs­unfähigkeits­versicherung werden voll versteuert – anders als bei der privaten Berufs­unfähigkeits­versicherung, bei der nur der sogenannte Ertragsanteil der Berufs­unfähigkeitsrente besteuert wird. Um dies und die Kranken­versicherungsbeiträge auszugleichen, muss also bei der betrieblichen Berufs­unfähigkeits­versicherung oft eine höhere Rente gewählt werden. Das kann dazu führen, dass es doch keinen Kostenvorteil gegenüber der privaten Berufs­unfähigkeits­versicherung gibt.

Mehr zur Berufs­unfähigkeits­versicherung in der Steuer

Icon Kreisdiagramm

Fazit

Manche Arbeitgeber bieten eine betriebliche Berufs­unfähigkeits­versicherung an. Arbeitnehmer, die diese abschließen, können so Steuern und Sozialabgaben sparen und profitieren von vereinfachten Gesundheitsfragen. Die Sozial­versicherungsbeiträge, die der Arbeitgeber bei einer Entgeltumwandlung spart, gibt er als Zuschuss weiter. Wer jedoch auch unabhängig vom Arbeitgeber eine Berufs­unfähigkeits­versicherung mit attraktiven Konditionen abschließen kann, sollte dies in Erwägung ziehen, da die betriebliche Berufs­unfähigkeits­versicherung einige wichtige Nachteile hat. Das gilt insbesondere für alle, die mit einem oder mehreren Arbeitgeberwechseln in der Zukunft rechnen.

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Foto von Katharina Burnus
Katharina Burnus
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