Wird die Berufs­unfähigkeitsrente trotz Umschulung gezahlt?

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Das Wichtigste in Kürze

  • Für Versicherte, die eine Umschulung absolvieren oder bereits im Umschulungsberuf tätig sind, kann der Anspruch auf Berufs­unfähigkeitsrente weiter bestehen.
  • Dies ist meist dann gegeben, wenn der Versicherte auch im Umschulungsberuf von Berufs­unfähigkeit betroffen ist, eine weitere Umschulung tätigt oder sich aktuell in einer Umschulungsmaßnahme befindet.
  • Die Versicherung darf die Zahlung einstellen, wenn die nach der Umschulung ausgeübte Tätigkeit mit der alten Tätigkeit vergleichbar ist (Verweisung).
  • Leistungsablehnungen nach einer Umschulung sollten fachlich geprüft werden.

Das erwartet Sie hier

Wann trotz Umschulung Anspruch auf Berufs­unfähigkeitsrente besteht, wann nicht gezahlt wird und was Sie dann tun können.

Inhalt dieser Seite
  1. Was bedeutet eine Umschulung für die BU?
  2. Wann zahlt die Versicherung weiter?
  3. Wann zahlt die BU nicht weiter?
  4. Was tun bei einer Leistungsverweigerung?

Was bedeutet eine Umschulung für die Berufs­unfähigkeitsrente?

Wer aus gesundheitlichen Gründen seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann und deshalb eine Berufs­unfähigkeitsrente bezieht, kann unter Umständen nach einer Umschulung wieder ins Berufsleben einsteigen. In diesem Fall verweigern Versicherer allerdings häufig weitere Rentenzahlungen mit der Begründung, es liege keine Berufs­unfähigkeit mehr vor. Es gibt jedoch mehrere Szenarien, in denen Sie weiterhin Anspruch auf eine Berufs­unfähigkeitsrente haben.


Berufs­unfähigkeitsrente während der Umschulung

Absolviert der Versicherungsnehmer aktuell eine Umschulungsmaßnahme, kann der Versicherer für diesen Zeitraum Berufs­unfähigkeitsrente genehmigen. Hierbei handelt es sich jedoch meist um befristete Leistungen, die einmalig für maximal zwölf Monate gezahlt werden. Ist diese Frist abgelaufen beziehungsweise die Umschulung absolviert, wird erneut über die Leistungspflicht entschieden. Stellt sich heraus, dass kein Anspruch mehr auf Berufs­unfähigkeitsrente besteht, sind Sie in der Regel jedoch nicht zur Rückzahlung zuvor gewährter Leistungen verpflichtet.

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Umschulung und Berufswechsel sind meldepflichtig

Hat sich Ihre berufliche Tätigkeit aufgrund einer Umschulung geändert, sind Sie dazu verpflichtet, dies unverzüglich zu melden. Der Versicherer wird daraufhin prüfen, ob weiterhin Anspruch auf Zahlungen aus der Berufs­unfähigkeits­versicherung besteht. Die sogenannte Nachprüfung ist jedoch kein einmaliges Ereignis, sondern wird in regelmäßigen Abständen durchgeführt.

Sollte die Nachprüfung positiv ausfallen, ist eine Einstellung der Leistungszahlung die Folge. Die Gründe dafür müssen dem Versicherten jedoch nachvollziehbar dargestellt werden, damit dieser die Möglichkeit hat, abzuschätzen, ob sich ein Vorgehen gegen diese Entscheidung lohnt. Werden Leistungen befristet anerkannt, wird in diesem Zeitraum meist keine Nachprüfung durchgeführt. Ob Sie vor Eintritt eines Versicherungsfalls Berufswechsel angeben müssen, hängt von den konkreten Regelungen in Ihrem Vertrag ab.

Müssen Sie eine Umschulung machen?

Sie müssen sich Behandlungen unterziehen, die erwiesenermaßen helfen können, Ihre Berufsfähigkeit wiederherzustellen. Sie sind jedoch nicht verpflichtet, durch eine Umschulung oder Fortbildung neue Fähigkeiten zu erwerben, die Ihnen den Einstieg in einen anderen Beruf ermöglichen. Tun Sie dies jedoch freiwillig und können dann einen alternativen Beruf ausüben, kann die Versicherung von Verweisungsklauseln Gebrauch machen und gegebenenfalls unter Verweis auf den neuen Beruf die Zahlung der Berufs­unfähigkeitsrente einstellen.

Wann zahlt die Versicherung nach Umschulung weiter die BU-Rente?

Nicht vergleichbare neue Tätigkeit: Weiterhin Rentenanspruch

Die Berufs­unfähigkeits­versicherung muss in der Regel die Berufs­unfähigkeitsrente zahlen, wenn sich die Umschulungstätigkeit hinsichtlich der bisherigen Lebensstellung von der früheren Tätigkeit unterscheidet. Kann der Versicherte also beweisen, dass die Qualifikation, das Gehalt oder das Ansehen des neuen Jobs deutlich niedriger sind als die der letzten in gesundem Zustand ausgeübten Tätigkeit, ist der Versicherer in der Regel nicht zur Leistungsaufhebung berechtigt.

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„Bisherige Lebensstellung“ birgt Streitpotenzial

Leider gehen die Meinungen zwischen Versicherern, was unter der „bisherigen Lebensstellung“ zu verstehen ist, oftmals auseinander. Besonders hinsichtlich der gesellschaftlichen Wertschätzung kommt es immer wieder zu Fehlinterpretationen, die für Versicherungsnehmer nicht selten das Aus von Versicherungsleistungen bedeuten. Doch nicht immer kann man Versicherern hier einen Vorwurf machen. Denn häufig ist es einfach schwierig festzustellen, worin sich die Berufe vor und nach der Umschulung unterscheiden und ob beide Berufe vergleichbar sind oder nicht.


Gesundheitsbedingte Aufgabe des neuen Berufs

Auch im neuen Beruf nach der Umschulung kann eine Berufs­unfähigkeit eintreten. Grund dafür sind meist psychische Erkrankungen, welche in der Phase der ersten Berufs­unfähigkeit unentdeckt blieben. Unabhängig von der Krankheit entsteht hier in der Regel Anspruch auf Berufs­unfähigkeitsrente.

Zur Berechnung der Versicherungsleistungen wird die Tätigkeit vor dem erstmaligen Eintritt des Versicherungsfalls zugrunde gelegt und nicht, wie vielleicht angenommen, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit.

Erneute Prüfung bei erneutem Berufswechsel

Sollten Sie sich für eine weitere Umschulungsmaßnahme entscheiden und den Beruf zum wiederholten Male wechseln, können Sie im Falle einer erneuten Berufs­unfähigkeit nicht einfach mit einer Weiterzahlung der zuvor gewährten Berufs­unfähigkeitsrente rechnen. Stattdessen liegt dann ein neuer Versicherungsfall vor, der entsprechend vom Versicherer geprüft werden muss. Erfahrungsgemäß stehen die Chancen jedoch gut, dass der Versicherer die Berufs­unfähigkeitsrente auch in diesem Fall genehmigt. Für die Prüfung der Berufs­unfähigkeit müssen Sie dem Versicherer unter anderem alle Umschulungsbescheide einreichen. Sollten Ihnen dadurch Kosten entstehen, können Sie sich diese von Ihrer Versicherung zurückerstatten lassen.

Wann darf der Versicherer die Zahlung einstellen?

Abstrakte oder konkrete Verweisung

Versicherer behalten sich je nach Tarif das Recht vor, Versicherte auf andere, gleichwertige Tätigkeiten zu verweisen, die sie trotz ihrer gesundheitlichen Einschränkungen ausüben können. Bei der abstrakten Verweisung können Versicherer mit einem Hinweis auf andere mögliche Tätigkeiten die Zahlung verweisen, bei der konkreten Verweisung können Sie dies nur, wenn die versicherte Person tatsächlich einen neuen Beruf mit gleicher Lebensstellung gefunden hat und in diesem arbeitet. Ob eine Leistungseinstellung in diesem Fall jedoch rechtens ist, sollte eine Fachperson klären.

Achten Sie am besten bereits beim Abschluss der Berufs­unfähigkeits­versicherung darauf, dass der Versicherer auf Verweisungsklauseln oder zumindest auf die abstrakte Verweisung verzichtet. Das kann allerdings dadurch erschwert werden, dass Versicherer in den Klauseln nicht notwendigerweise die Begriffe „abstrakte oder konkrete Verweisung“ verwenden. Wir helfen Ihnen gerne, einen vorteilhaften Tarif zu finden.


Umschulung nicht aus gesundheitlichen Gründen

Damit die Berufs­unfähigkeitsrente weitergezahlt wird, muss die Umschulung beziehungsweise der Berufswechsel aus den richtigen Gründen erfolgen. Beweggründe wie Gehaltssteigerungen, neue Perspektiven oder ungünstige Arbeitszeiten werden dabei nicht vom Versicherer akzeptiert und Leistungen in diesen Fällen zu 100 Prozent gestrichen. Üben Sie eine neue Tätigkeit jedoch aufgrund einer Erkrankung aus, stellt sich die Lage ganz anders dar. In diesem Fall sind Sie jedoch beweispflichtig, das heißt, Sie müssen gegenüber Ihrer Versicherung beweisen können, dass der Berufswechsel ausschließlich krankheitsbedingt erfolgt ist. Wir empfehlen hier eine Fachperson zu Hilfe zu nehmen, zumal der Sachverhalt detailliert dargelegt werden muss.

Recht auf Wiedereingliederungshilfe

Stellt Ihr Versicherer Leistungen wegen Berufs­unfähigkeit ein, weil Sie eine Umschulungsmaßnahme abgeschlossen haben, haben Sie unter Umständen Anspruch auf Wiedereingliederungshilfe. Hierbei handelt es sich um eine einmalige Leistung in Höhe einer halben Berufs­unfähigkeitsrente, die je nach Versicherer bis zu 15.000 Euro betragen kann.

Was, wenn der Versicherer die Rente wegen Umschulung verweigert?

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Beratung durch Fachanwälte

Verweigert Ihr Versicherer nach der Umschulung die Fortzahlung der BU-Rente, sollten Sie sich nicht einfach damit abfinden. Lassen Sie stattdessen den Sachverhalt von Fachanwälten prüfen. Nicht selten kann bereits eine außergerichtliche Verhandlung helfen, zu seinem Recht zu kommen. Dies lohnt sich vor allem dann, wenn Ihr Versicherer Sie auf einen Beruf verweist, der Ihrer bisherigen Lebensstellung offensichtlich nicht entspricht.


Im Ernstfall Klage einreichen

Beabsichtigt Ihr Versicherer die Leistung einzustellen, weil Sie im Rahmen der Umschulung neue Kenntnisse erworben haben, hilft häufig nur noch der Gang vor das Gericht. Hier wird geprüft, ob der Versicherer die erlernten Kenntnisse überhaupt berücksichtigen darf. Häufig ist dies nämlich nicht der Fall, weshalb die Weiterzahlung der Berufs­unfähigkeitsrente meist erfolgreich durchgesetzt werden kann.

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Katharina Burnus
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