Zahlt die Versicherung bei Berufs­unfähigkeit durch Internetsucht?

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Das Wichtigste in Kürze

  • Immer mehr Menschen erkranken an Internetsucht. Sie kann grundsätzlich zu einer Berufs­unfähigkeit führen, besonders wenn noch andere psychische Erkrankungen wie Depression oder Ängste vorliegen.
  • Grundsätzlich ist der BU-Abschluss mit Internetsucht möglich. Ist das Risiko für eine Berufs­unfähigkeit durch diese psychische Krankheit erhöht, können die Vertragsbedingungen jedoch ungünstiger sein.
  • Ob Versicherer Internet­sucht als Grund für Berufs­unfähigkeit anerkennen, hängt in erster Linie von der ärzt­lichen Diagnose ab.

Das erwartet Sie hier

Kann man durch Internetsucht berufsunfähig werden und zahlt die Berufs­unfähigkeits­­versicherung in einem solchen Fall?

Inhalt dieser Seite
  1. Berufsunfähig durch Internetsucht
  2. BU abschließen trotz Internetsucht
  3. Zahlt meine BU?
  4. Was ist eigentlich Internetsucht?

Internetsucht als Ursache einer Berufs­unfähigkeit

Internetsucht – Zahlen und Fakten

Fast alle Menschen nutzen in Deutschland das Internet: 2023 lag der Anteil der Internetnutzer bei 95 Prozent (Quelle: Destatis). Zum relativ neuen Phänomen Internetsucht – manchmal auch Online-Sucht, Handy-Sucht, Internetabhängigkeit oder auch Internetnutzungsstörung genannt – liegen bis jetzt wenige Zahlen vor. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2022 zeigt aber, dass besonders junge Menschen zwischen 10 und 17 von Internetsucht betroffen sind:

Icon Smartphone
InternetnutzungRiskante NutzungsverhaltenPathologisches Nutzungsverhalten
Computerspiele11,8 %6,3 %
Soziale Medien16,4 %6,3 %
Streaming13,9 %2,3 %
Quelle: DAK

Bei Jungen und jungen Männer dominieren dabei (Online-)Spiele, während Mädchen und junge Frauen sich mehr in sozialen Netzwerken aufhalten. Frauen und Mädchen sind aktuell auch anfälliger für eine Internetsucht.

Aber auch Erwachsene können an einer Internetsucht erkranken. Grundsätzlich gilt jedoch mindestens ein bis zwei Prozent der Jugendlichen und Erwachsenen in Deutschland als internetsüchtig. Das sind 800.000 bis 1,6 Millionen Menschen – Tendenz steigend (Quelle: Ärzteblatt).


Berufs­unfähigkeit durch Internetsucht

Erst 2018 wurde Online-Sucht als Krankheit anerkannt. Zahlen zu Internetsucht als Ursache von Berufs­unfähigkeit liegen, unserer Recherche zufolge, bisher nicht vor.

Einschätzung unseres Experten:

„Aufgrund einer Internetsucht unter die Berufs­unfähigkeit zu fallen, ist eher unwahrscheinlich. Ein Arzt müsste bescheinigen, dass man aus genau diesem Grund seinen Beruf nicht mehr ausüben kann und dies würde noch entsprechend geprüft werden. Möglicherweise ist die Internetsucht auch ein Symptom einer anderen psychischen Erkrankung wie einer Depression.“

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Berater
Icon Scheitern

Dennoch ist es vorstellbar, dass Internetsucht so stark ausgeprägt ist, dass sie zu Berufs­unfähigkeit führt. Eine Berufs­unfähigkeit durch Internetsucht wird zudem dadurch befördert, dass es Betroffene kaum vermeiden können, im Berufsleben mit dem Internet in Kontakt zu kommen und so mit ihrer Sucht konfrontiert zu werden. In der heutigen Zeit ist es in den meisten Jobs nahezu unmöglich, ohne einen PC mit Internetanschluss zu arbeiten. Außerdem wird es auch im Berufsleben – natürlich je nach Tätigkeit – immer wichtiger, sich in sozialen Netzwerken darzustellen und dort zu partizipieren.

Berufs­unfähigkeits­versicherung abschließen trotz Internetsucht

Icon Vertrag

BU-Abschluss grundsätzlich möglich

Für Menschen mit einer Internetsucht ist der Abschluss einer Berufs­unfähigkeits­versicherung grundsätzlich möglich. Je nachdem, wie stark Versicherer Ihr Risiko für eine Berufs­unfähigkeits­versicherung erhöht sehen, können Sie Ihnen schlechtere Bedingungen anbieten, etwa höhere Beiträge verlangen (Risikozuschlag) oder bestimmte Ursachen für eine Berufs­unfähigkeit ausschließen (Leistungsausschluss). Schätzen Versicherer das Risiko für eine Berufs­unfähigkeit aufgrund einer Internetsucht als zu hoch ein, können sie den Antrag auf eine BU jedoch prinzipiell auch ablehnen. Dies kann besonders der Fall sein, wenn weitere Diagnosen, wie Depression, Aufmerksamkeitsdefizit- oder Hyperaktivitätsstörung (AD(H)S) oder Angststörung gestellt wurden.


Gesundheitsfragen zu psychischen Erkrankungen

Beantragen Sie eine BU müssen Sie dem Versicherer Fragen zu Ihrem Gesundheitszustand und Ihren Vor­erkrankungen beantworten. Die Antworten auf diese Fragen sollten wahrheitsgemäß sein, da Sie sonst die vorvertragliche Anzeigepflicht verletzen. Der Versicherer kann infolge im schlimmsten Fall die Auszahlung einer BU-Rente verweigern. Typische Gesundheitsfragen sind zum Beispiel:

  • „Wurden Sie in den nachfolgend genannten Zeiträumen wegen Erkrankungen oder Beschwerden ärztlich oder therapeutisch beraten, untersucht oder behandelt? In den letzten 5 Jahren hinsichtlich der Psyche (z. B. Depression, Ängste, Essstörungen, Schlafstörungen)?“
  • „Bestehen oder bestanden in den letzten 5 Jahren Krankheiten der Psyche (auch Angststörung, Essstörung, Schlafstörungen (mehr als 5-mal im Monat), Erschöpfungszustände, Aufmerksamdefizitsyndrom, Selbstmordversuch)?“

Waren Sie wegen einer Internetsucht in Behandlung, müssten Sie diese Frage in der Regel bejahen.


Anonymen Testantrag stellen

Hat ein Anbieter Ihren Antrag für eine BU einmal abgelehnt, wird jeder weitere Abschluss schwieriger. Ein Grund ist, dass Versicherer auf eine gemeinsame Datenbank zugreifen können, in der Ihre Ablehnung höchstwahrscheinlich vermerkt wird. Zudem sind Sie verpflichtet, jede vorherige Ablehnung Ihres Antrags einem neuen Versicherer mitzuteilen. Das bedeutet zwar nicht, dass auch Ihr neuer Antrag abgelehnt wird – BU-Versicherer können Ihr Risiko unterschiedlich bewerten. Sie werden aber als Kunde für einen Versicherer nicht unbedingt attraktiver, da dieser Risiken möglichst gering halten möchte.

Um eine Ablehnung zu verhindern, kann jedoch ein Makler eine sogenannte anonyme Risikovoranfrage für Sie stellen. Mit diesem anonymen Testantrag können Sie ohne Risiko Ihre Chancen auf eine BU abschätzen.

Icon Fragezeichen

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Zahlt meine BU bei Berufs­unfähigkeit durch Internetsucht?

Kriterien für Berufs­unfähigkeit müssen erfüllt sein

Generell gilt, dass Sie bei Berufs­unfähigkeit eine Rente ausgezahlt bekommen. Als berufsunfähig gilt, wer über eine Dauer von mehr als 6 Monaten hinweg zu mehr als 50 Prozent nicht mehr im gewohnten Beruf arbeiten kann. Dies muss Ihnen ein Arzt bestätigen. Um eine private Berufs­unfähigkeitsrente zu erhalten, müssen Sie dann einen Antrag stellen.

So stellen Sie einen Leistungsantrag


Liegt eine Kombi­nation mit anderen psychischen Er­kran­kungen vor?

Wenn die Sucht so ausgeprägt ist, dass kein normales Arbeiten mehr möglich ist, ist es durchaus denkbar, dass Betroffene als berufsunfähig gelten und dies von Versicherern auch anerkannt wird. Sicherlich hängt dies auch in hohem Maße davon ab, ob mit dem Problem der Internetsucht noch andere psychische Probleme einhergehen. Ob also eine Berufs­unfähig­keits­rente bei Internetsucht bezahlt werden wird, hängt von der konkreten ärztlichen Diagnose, dem individuellen Fall und dem Versicherer ab.

Was ist eigentlich Internetsucht?

Internet­sucht zählt seit 2018 zu den Sucht­­erkrankungen

Seit den 1990er hat das Internet immer stärker Einzug in das Leben der Menschen erhalten. Dadurch sind auch neue Krankheits­bilder entstanden. Da Internetsucht ein noch relativ neues Phänomen ist, war ihr Status als Krankheit lange unklar. Im Jahr 2022 wurde jedoch Computerspielsucht ((Internet) Gaming Disorder“) in das weltweit anerkannte Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen (ICD) aufgenommen und somit als Krankheit anerkannt.

Die Diagnose bezieht sich zwar in erster Linie auf das Spielen am Computer, wird aber mitunter auch weiter gefasst und zum Beispiel auch auf Online-Shopping, Social Media, Streaming oder auch Konsum von Pornografie bezogen.

Internetsucht ist somit eine psychische Störung. Da die Muster der Internetsucht, den anderen Süchte, wie Kauf- oder Spielsucht ähneln, herrscht weitgehende Einigkeit darüber, dass sie zu den Verhaltenssüchten zählt. Das bedeutet, dass Personen einen starken, inneren Drang nach einem bestimmten Verhalten haben und dieses ausleben müssen, es aber eigentlich nicht wollen (Quelle: gesund.bund).


Wie zeigt sich eine Internetsucht?

Auch, wenn Sie lange und häufig das Internet nutzen, muss dies nicht notwendig ein problematisches Verhalten sein und auf eine Internetsucht hinweisen. Laut der American Psychiatric Association liegt eine Computerspielsucht hingegen vor, wenn fünf oder mehr der folgenden Symptome zutreffen und länger als ein Jahr lang bestehen:

  • Gedankliche Eingenommenheit
    (Online-)Spiele beherrschen dauerhaft die Gedanken.
  • Entzugssymptome
    Wenn das Spielen verhindert wird (durch Internet­ausfall o. ä.) zeigen sich Entzugs­erscheinungen, z. B. Unruhe und Gereiztheit.
  • Toleranzentwicklung
    Das Bedürfnis, immer mehr zu spielen, wächst.
  • Fehlende Kontrolle
    Die betroffene Person will zwar weniger oder nicht mehr spielen, schafft es aber nicht.
  • Interessenverlust
    Frühere Hobbys werden vernachlässigt oder ganz aufgegeben.
  • Weitere Nutzung trotz auftauchender Probleme
    Es wird weiter exzessiv online gespielt, obwohl ein Bewusstsein für das Problem besteht.
  • Vertuschen
    Dritte Personen werden absichtlich über das Ausmaß des Problems getäuscht.
  • Flucht
    Die Flucht in die Online-Welt dient dazu, negativen Gefühlen zu entkommen (beispielsweise Angst oder Hilf­losigkeit).
  • Schwerwiegende Folgen
    Beziehungen zu anderen Menschen in der Offline-Welt werden vernachlässigt oder ganz aufgegeben, Arbeit oder Ausbildung wird gefährdet.

Quelle: American Psychiatric Association


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Internetsucht und andere psychische Erkrankungen

Zwei Studien des Bundes­gesundheits­ministeriums aus dem Jahr 2011 und 2013 zeigen, dass Internet­abhängigkeit häufig mit anderen psychischen Krankheiten wie Depression oder Angststörung einhergeht. Online-Sucht betrifft auch häufiger Menschen, die eine Neurodivergenz, wie Autismus oder eine Aufmerksamkeitsdefizit- beziehungsweise Hyper­aktivitäts­störung (AD(H)S) aufweisen (Quelle: Bundesministerium für Gesundheit).


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Katharina Burnus
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