Das Wichtigste in Kürze
Das erwartet Sie hier
Wann Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitsversicherung verjähren und was Sie deswegen tun sollten.
Inhalt dieser SeiteVerjährungsfristen in der Berufsunfähigkeitsversicherung: Was Sie wissen müssen
Warum Sie über die Verjährung in der BU Bescheid wissen sollten
Die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) ist eine der wichtigsten privaten Absicherungen – aber nur, wenn Sie diese im Fall der Fälle auch geltend machen können. Dies können Sie nur, solange die Verjährungsfrist nicht abgelaufen ist. Ist die Frist verstrichen, verlieren Sie Ihr Recht auf Leistungen, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für eine Berufsunfähigkeit vorlagen. Deshalb ist es für Versicherungsnehmer essenziell, die Verjährungsfristen und deren Beginn zu kennen, um rechtzeitig handeln zu können.
Die reguläre Frist von drei Jahren
Die allgemeine Verjährungsfrist in Deutschland beträgt drei Jahre. Diese Frist gilt auch für Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitsversicherung. Die Verjährung beginnt nicht unmittelbar mit der Entstehung des Anspruchs, sondern erst am Ende des Jahres, in dem der Versicherungsnehmer Kenntnis über seinen Anspruch erlangt hat. Ein Beispiel: Wird die Berufsunfähigkeit im Juni 2025 festgestellt, beginnt die Verjährungsfrist erst am 31. Dezember 2025. Der Anspruch verjährt somit erst drei Jahre später, am 31. Dezember 2028.
Unterschied zwischen „Stammrecht“ und Rentenansprüchen
Bei der Verjährung in der Berufsunfähigkeitsversicherung ist es wichtig, zwischen dem sogenannten Stammrecht und den einzelnen Rentenansprüchen zu unterscheiden. Für Versicherungsnehmer ist es daher entscheidend, schnell zu handeln, um das Stammrecht zu sichern und laufende Zahlungen durchzusetzen.
- Das Stammrecht bezeichnet den grundlegenden Anspruch auf Leistungen aus der Versicherung. Dieser Anspruch kann verjähren, wenn er nicht rechtzeitig geltend gemacht wird.
- Die einzelnen Rentenansprüche hingegen verjähren separat und kontinuierlich. Das bedeutet, dass jede monatliche Rentenzahlung einzeln betrachtet wird und nach drei Jahren verfällt, wenn sie nicht rechtzeitig eingefordert wird.
Warum gibt es überhaupt eine Verjährungsfrist?
Wartet man mit der Klage zu lange, ist es nicht länger möglich, die Leistung einzufordern. Diese Regelung zur Verjährung eines sogenannten Stammrechts wurde eingeführt, damit Versicherer sich nicht Jahre später mit einem vermeintlich abgeschlossenen Fall beschäftigen müssen, bei dem der zeitliche Abstand es schwieriger macht, zu ermitteln, ob eine Leistungspflicht besteht.
Gleichzeitig erhalten Versicherte eine klare Frist, innerhalb derer sie ihre Rechte einfordern können. In der Berufsunfähigkeitsversicherung ist die Verjährung besonders relevant, da sich Ansprüche oft erst Jahre nach Abschluss der Versicherung ergeben und im Konfliktfall präzise gesetzliche Regelungen erforderlich sind.
So oft leisten BU-Versicherer wirklich
Rechtsgrundlagen: BGB und VVG
Die Verjährung von Ansprüchen in der Berufsunfähigkeitsversicherung basiert auf zwei zentralen Rechtsgrundlagen: dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG):
- BGB (§ 195 ff.): Hier wird die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren festgelegt und geregelt, wie und wann diese Frist beginnt.
- VVG (§ 14): Das Versicherungsvertragsgesetz ergänzt die Regelungen des BGB und definiert spezifische Verjährungsfragen im Kontext von Versicherungsverträgen. Es legt fest, dass die dreijährige Frist für Ansprüche aus Versicherungsverträgen auch für BU-Versicherungen gilt.
Berufsunfähigkeit festgestellt? Schnell handeln
Auswirkungen der Verjährung auf Leistungsanträge
Die gesetzlichen Grundlagen zur Verjährung haben direkte Auswirkungen auf Versicherungsnehmer, insbesondere bei Leistungsanträgen. Sobald ein Versicherter eine Berufsunfähigkeit feststellt, sollte er unverzüglich handeln. Denn auch wenn der Anspruch auf Leistungen besteht, verfällt dieser nach Ablauf der dreijährigen Frist. Zudem drohen bei verzögerter Antragstellung praktische Nachteile: Die Beweislage wird schwieriger, medizinische Gutachten könnten unvollständig oder veraltet sein, und der Versicherer könnte die Zahlung verweigern.
Beispielfall: Warum eine rechtzeitige Klage wichtig ist
Am Oberlandesgericht Stuttgart wurde vor einigen Jahren ein Fall verhandelt, in dem es um Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitsversicherung ging. Der Versicherungsnehmer hatte seine Versicherung auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente und anderer Geldzahlungen verklagt. Das Gericht begründete sein Urteil vom 3. April 2014 mit allgemeinen Verjährungsfristen, die in diesem Fall Anwendung finden.
Die Klage
Der Versicherungsnehmer, ein 1965 geborener Kraftfahrer, der zuletzt bei der Deutschen Post AG tätig war, reicht im Mai 2013 Klage beim OLG Stuttgart ein. Er verklagt seine Versicherung auf die Zahlung einer ausstehenden Berufsunfähigkeitsrente, auf die Rückzahlung durch ihn gezahlter Versicherungsbeiträge, auf die Erstattung von Anwaltskosten, sowie auf die zukünftige Zahlung der vertraglich vereinbarten BU-Rente in Höhe von monatlich 663 Euro. Der gesamte Streitwert beläuft sich damit auf eine Summe von mehr als 95.000 Euro.
Die Vorgeschichte
Der Kläger hat zwei Berufsunfähigkeitsversicherungen bei der Beklagten abschlossen. Der erste Vertrag lief bereits seit 1993 und der zweite wurde im Jahr 2000 unterschrieben. Im Januar 2007 stellt er einen Antrag auf Anerkennung seiner Berufsunfähigkeit und damit verbunden möchte er ab 1. Januar 2007 die vereinbarte Rente in Höhe von 663 Euro erhalten. Er bezieht sich in seinem Antrag auf den vertraglich vereinbarten Sachverhalt, dass er im Fall einer mindestens 50-prozentigen Berufsunfähigkeit eine monatliche Rente in Höhe von 663 Euro erhält. Die Zahlungen würden bis längstens 31. Dezember 2025 erfolgen. Darüber hinaus würde er im Falle, dass ihm die beantragte Rente gezahlt wird, von weiteren Beitragszahlungen befreit werden.
Klage erfolgte erst sechs Jahre später
Seine Berufsunfähigkeit begründet er mit einer Bandscheibenerkrankung und deren Nachwirkungen. Darüber hinaus treten motorische Ausfälle in seinem linken Bein auf und er leidet unter Bluthochdruck. Im Mai 2007 erhält er ein Schreiben seiner Versicherung, in dem ihm mitgeteilt wird, dass sein Antrag auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente endgültig abgelehnt wird. Erst sechs Jahre später, im Mai 2013, reicht der Kraftfahrer Klage beim Landesgericht Stuttgart ein. Leider geht aus dem Urteil weder hervor, warum die Versicherung den Antrag des Versicherungsnehmers ursprünglich abgelehnt hat, noch warum der Betroffene sechs Jahre gewartet hat, bis er Klage gegen die Ablehnung eingereicht hat.
Das Urteil
Die Klage des Versicherungsnehmers wurde sowohl in erster als auch in zweiter Instanz abgewiesen. Das heißt, nachdem das Landesgericht Stuttgart die Klage abgewiesen hatte, entschloss sich der Kläger, in Berufung zu gehen. Diese wurde vom Oberlandesgericht am 3. April 2014 ebenfalls abgewiesen. Auch eine Revision wird nicht zugelassen.
Die Begründung
In dem Moment, in dem der Versicherte der Versicherung seine Berufsunfähigkeit mitgeteilt hat, hat er seine Gesamtansprüche erhoben. Damit beginnt die Verjährungsfrist dieser Ansprüche. Die allgemeinen Verjährungsfristen sind in den § 195 und § 199 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt. Die Entstehung eines Anspruchs gemäß § 199 Abs. 1 BGB setzt seine Fälligkeit voraus. Dies gilt auch für versicherungsrechtliche Ansprüche, deren Fälligkeit allerdings nach den Fälligkeitsvorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) zu bestimmen ist.
Zu spät geklagt, kein Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente mehr
In einfachen Worten ausgedrückt: Der Betroffene hat seine Klage schlicht zu spät eingereicht. Mit dem Erhalt des Ablehnungsschreibens vom Mai 2007 begann die Verjährungsfrist. Mit Ablauf der Verjährungsfrist erlöschen alle Ansprüche des Versicherungsnehmers. Laut der herangezogenen Gesetze trat die Verjährung mit Ablauf des dritten Jahres nach Zugang des Ablehnungsschreibens ein. In diesem konkreten Fall sind alle Ansprüche des Klägers somit am 1. Januar 2011 erloschen. Dies bezieht sich auch auf zukünftige Rentenzahlungsforderungen für den verhandelten Versicherungsfall und damit auf die Folgen des in der Klageschrift angegebenen Bandscheibenvorfalls.
Wann verjähren falsche Angaben bei den Gesundheitsfragen?
Auch die Anzeigepflichtverletzung verjährt
Die Verjährung greift auch im Zusammenhang mit der Verletzung der Anzeigepflichten. Grundsätzlich haben Versicherer das Recht, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung oder unvollständiger Angaben anzufechten. Allerdings unterliegt dieses Recht bestimmten Fristen:
- Reguläre Frist: Das Rücktritts- und Anfechtungsrecht des Versicherers verjährt in der Regel nach drei Jahren ab Vertragsschluss.
- Ausnahme bei Arglist: Wenn arglistige Täuschung nachgewiesen wird, verlängert sich die Frist, und der Versicherer kann auch noch bis zu zehn Jahre später den Vertrag anfechten.
Auch Vorerkrankungen verjähren
In den Gesundheitsfragen fragen Versicherer nach gesundheitlichen Problemen in bestimmten Zeiträumen, meist in den letzten fünf oder zehn Jahren. Fand zum Beispiel die letzte Sitzung einer erfolgreichen Psychotherapie mehr als zehn Jahre vor Ihrem Antrag statt, müssen Sie sie meistens nicht angeben.
Überstandene Vorerkrankungen verjähren also. Es ist aber wichtig, dass sie tatsächlich überstanden sind. Da Versicherer verschiedene Betrachtungszeiträume für bestimmte Vorerkrankungen haben, kann es sein, dass Ihre Chancen auf eine Absicherung bei verschiedenen Anbietern unterschiedlich gut stehen. Teilweise wird bei einigen Vorerkrankungen auch nur nach den letzten drei Jahren gefragt.
Hemmung und Neubeginn der Verjährung: So bleibt Ihr Anspruch bestehen
Was bedeutet Hemmung der Verjährung?
Die Hemmung der Verjährung ist ein wichtiger Mechanismus im Versicherungsrecht, der dafür sorgt, dass die Verjährungsfrist vorübergehend ausgesetzt wird, sodass Versicherungsnehmer mehr Zeit erhalten, um ihre Ansprüche geltend zu machen. Sobald die hemmende Maßnahme endet, läuft die Frist weiter, wobei die bereits verstrichene Zeit angerechnet wird. Dieser Schutzmechanismus ist besonders hilfreich, wenn sich Streitigkeiten oder Verhandlungen mit dem Versicherer über einen längeren Zeitraum hinziehen.
Beispiele für verjährungshemmende Maßnahmen
- Klageerhebung
Sobald der Versicherungsnehmer Klage erhebt, wird die Verjährung bis zur Klärung des Falls ausgesetzt. - Verhandlungen mit dem Versicherer
Solange der Versicherer und der Versicherungsnehmer in aktiven Verhandlungen über den Anspruch stehen, ruht die Verjährungsfrist. Das Ziel ist, außergerichtliche Einigungen zu erleichtern. - Hemmung durch höhere Gewalt
In seltenen Fällen, etwa bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen, kann die Verjährung ebenfalls gehemmt werden.
Neubeginn der Verjährung – Wann startet die Frist von vorne?
Neben der Hemmung gibt es auch den Neubeginn der Verjährungsfrist. In bestimmten Fällen wird die bestehende Frist vollständig zurückgesetzt, sodass sie erneut in voller Länge läuft. Dies geschieht beispielsweise, wenn:
- Der Versicherer den Anspruch anerkennt
Ein schriftliches Anerkenntnis, wie etwa eine Teilzahlung oder eine Bestätigung der Leistungspflicht, führt zum Neubeginn der Frist. - Neuverhandlungen beginnen
Wenn sich beide Parteien auf eine neue Basis für die Leistungsregelung einigen, kann dies die Verjährungsfrist zurücksetzen.
Maßnahmen am besten dokumentieren
Versicherungsnehmer sollten alle verjährungshemmenden Maßnahmen dokumentieren und sicherstellen, dass sie im Ernstfall ihre Ansprüche nachweisen können. So sollten Sie beispielsweise die Verhandlungen mit dem Versicherer schriftlich führen und alle relevanten Unterlagen aufbewahren.
Unsere Tipps, um Ihre Ansprüche zu sichern
1. Frühzeitige Beantragung von BU-Leistungen
Sobald eine Berufsunfähigkeit bei Ihnen festgestellt wird oder absehbar ist, sollten Sie unverzüglich Ihren Versicherer informieren. Dies ermöglicht eine frühzeitige Prüfung des Anspruchs und verhindert, dass die dreijährige Verjährungsfrist unbemerkt abläuft. Viele Versicherer bieten spezifische Formulare und Hilfestellungen für die Beantragung an, die Versicherte schnellstmöglich nutzen sollten.
2. Sorgfältige Dokumentation aller relevanten Unterlagen
Um Ihre Ansprüche effektiv geltend zu machen, ist es essenziell, alle relevanten Unterlagen und Korrespondenzen sorgfältig aufzubewahren. Dazu gehören:
- Ärztliche Diagnosen und Gutachten
- Schriftliche Kommunikation mit dem Versicherer, einschließlich E‑Mails und Briefe
- Bestätigungen über den Eingang Ihrer Anträge und Nachweise über Gespräche oder Verhandlungen
3. Verjährungsfristen aktiv überwachen
Viele Versicherungsnehmer sind sich der Verjährungsfristen nicht bewusst oder vergessen, diese zu überwachen. Um dies zu vermeiden, ist es sinnvoll, eine klare Fristenübersicht zu führen. Digitale Tools oder Erinnerungen können dabei helfen, die Fristen im Blick zu behalten und rechtzeitig zu handeln.
4. Nutzen Sie professionelle Unterstützung
Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist ein komplexes Thema, und Unsicherheiten können leicht dazu führen, dass Fristen versäumt oder Fehler gemacht werden. Eine fachkundige Beratung durch Ihren Versicherungsbetreuer oder Fachanwalt kann hierbei entscheidend sein.
Die häufigsten Fragen zur Verjährung in der Berufsunfähigkeitsversicherung
Wann verjähren Ansprüche an die Berufsunfähigkeitsversicherung?
Für Leistungsansprüche an die Berufsunfähigkeitsversicherung gilt eine Verjährungsfrist von drei Jahren.
Wann verjähren Gesundheitsfragen in der BU?
Falsche Angaben bei den Gesundheitsfragen verjähren in der Regel zehn Jahre nach dem Vertragsschluss.
Wann verjähren Krankheiten?
Ob Krankheiten und Behandlungen in den Gesundheitsfragen angegeben werden müssen, hängt davon ab, wie lange diese zurückliegen. Die Gesundheitsfragen der Berufsunfähigkeitsversicherung fragen je nachdem, worum es geht, nach Krankheiten, Behandlungen und Beschwerden der letzten drei, fünf oder zehn Jahre.
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