Wann müssen Kinder für ihre pflegebedürftigen Eltern Unterhalt zahlen?

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Das Wichtigste in Kürze

  • Wird ein Elternteil pflegebedürftig und reicht die gesetzliche Pflegeleistung, die Rente und das Vermögen für die Pflegekosten nicht aus, kann das Sozialamt von den Kindern Unterhalt einfordern.
  • Leibliche Kinder und Adoptivkinder sind nur dann zum Elternunterhalt verpflichtet, wenn ihr jährliches Gesamteinkommen über 100.000 Euro liegt.
  • Die Höhe des Elternunterhalts wird anhand des bereinigten Nettoeinkommens berechnet. Dieses ergibt sich aus dem durchschnittlichen Nettoeinkommen abzüglich Werbungskosten etc. und einem Selbstbehalt.
  • Kinder müssen mit einigen Ausnahmen auch dann Elternunterhalt zahlen, wenn sie ein schlechtes Verhältnis zu ihren Eltern haben.

Das erwartet Sie hier

Wann die eigenen Kinder an den Kosten eines pflegebedürftigen Elternteils beteiligt werden können und wann nicht und wie der Elternunterhalt genau berechnet wird.

Inhalt dieser Seite
  1. Wer muss wann Elternunterhalt zahlen?
  2. Wann muss kein Unterhalt für Eltern gezahlt werden?
  3. So wird der Elternunterhalt berechnet

Wer muss wann Elternunterhalt zahlen?

Wann spielt Elternunterhalt überhaupt eine Rolle?

Es kann der Fall eintreten, dass die Leistungen der gesetzlichen Pflegepflicht­versicherung, die eigene Rente und das Vermögen der Eltern nicht mehr ausreichen, um anfallende Pflegekosten abzudecken. Dann können die eigenen Kinder unter bestimmten Umständen gesetzlich verpflichtet werden, ihre Eltern im Pflegefall mit dem Elternunterhalt finanziell zu unterstützen. Diese Forderung stellen dabei nicht die Eltern, sondern das Sozialamt.

Das Sozialamt nimmt die eigenen Kinder allerdings nur dann in Haftung für die Pflegekosten, wenn die Notwendigkeit der Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung begründet ist. Die Pflege in einer Einrichtung ist schließlich viel teurer als beispielsweise zu Hause. Befindet sich der Elternteil bereits in einem Pflegeheim und bezieht gesetzliche Pflegeleistungen, ist die Notwendigkeit gegeben.

Wer muss Elternunterhalt zahlen?

Ist der unterhaltsbedürftige Elternteil verheiratet, muss zunächst der Ehepartner für die Kosten aufkommen (Quelle: Bürgerliches Gesetzbuch § 1608). Reicht das Vermögen jedoch nicht aus, können die Kinder zur Zahlung von Elternunterhalt verpflichtet werden, die im ersten Grad mit der pflegebedürftigen Person verwandt sind (Quelle: Bürgerliches Gesetzbuch § 1601 und § 1589). Dazu zählen:

Icon Baby

Leibliche Kinder

Icon Familie

Adoptivkinder

Kinder zahlen ab einem bestimmten Einkommen

Kinder müssen für die Pflegekosten ihrer Eltern nur dann aufkommen, wenn ihr jährliches Gesamteinkommen mehr als 100.000 Euro beträgt (Quelle: Angehörigen-Entlastungsgesetz, Artikel 1 Punkt 8). Im Folgenden sehen Sie, was zum Gesamteinkommen zählt und was nicht:

Das zählt dazu

  • Bruttolohn aus abhängiger Beschäftigung oder selbständiger Tätigkeit
  • Sonderzahlungen, wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder Boni
  • Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
  • Gewinn- und Kapitalerträge

Das zählt nicht dazu

  • Eigene Immobilien
  • Vermögen
  • Werbungskosten

Gibt es einen Hinweis oder den Verdacht, dass die Kinder Elternunterhalt zahlen können, so fordert das Sozialamt die Kinder dazu auf, ihre Finanzen offenzulegen. Bestätigt sich die Unterhaltspflicht für die Eltern, holt sich das Sozialamt ihre Beteiligung an den Pflegekosten von den Kinder zurück.

So wird der Elternunterhalt bei Geschwistern berechnet


Beispiel: Wenn ein Elternteil ins Pflegeheim muss

Am häufigsten werden Kinder zur Zahlung von Elternunterhalt verpflichtet, wenn Elternteile in ein Pflegeheim umziehen müssen. Pflegebedürftigen entstanden 2024 in deutschen Pflegeheimen je nach Aufenthaltsdauer durchschnittlich folgende finanzielle Belastungen:

AufenthaltsdauerEuro je Monat*
Bis 12 Monate2.871
Ab 12 Monaten2.620
Ab 24 Monaten2.284
Ab 36 Monaten1.865

* Summe aus dem einrichtungseinheitlichen Eigenanteil, Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investition abzüglich Zuschuss der Pflegekassen
Quelle: Verband der Ersatzkassen.

Menschen blieben 2023 durchschnittlich 25 Monate in Pflegeheimen (Quelle: Caritas). Bei solch einer Verweildauer würden aktuell Gesamtkosten von rund 68.000 Euro entstehen. Kann der Elternteil dies finanziell nicht allein stemmen, so kann das Sozialamt unter bestimmten Bedingungen die Kinder zur Zahlung heranziehen. Erfahren Sie mehr dazu, wie der Elternunterhalt genau berechnet wird:

So wird der Elternunterhalt berechnet


Eltern können nicht freiwillig auf Elternunterhalt verzichten

Viele pflegebedürftige Eltern wollen gar nicht, dass ihre Kinder mit Unterhaltszahlungen finanziell belastet werden. Jedoch können sie in der Regel nicht freiwillig auf die Zahlung von Elternunterhalt verzichten, wenn sie für die Übernahme von Pflegekosten Hilfe vom Sozialamt beansprucht haben. Das Sozialamt ist in einem solchen Fall verpflichtet, die Unterhalts­pflichten der Angehörigen zu prüfen. Sollte es Hinweise auf ein hohes Einkommen geben, müssen sie den Unterhalt einfordern. Abfindungen oder sonstige Vereinbarungen sind nicht wirksam.

Icon Kreisdiagramm

Eine Pflege­versicherung schützt Ihre Kinder vor Unterhaltsforderungen

Werden Sie pflegebedürftig, schützt Sie eine private Pflegezusatz­­versicherung. Diese schließt die Versorgungslücke, sodass sich das Sozialamt nicht einschalten muss. Damit schützt eine Pflege­zusatz­versicherung nicht nur Ihr Vermögen, sondern auch das Ihrer Kinder. Informieren Sie sich dazu auf unserer separaten Seite:

Möglichkeiten der privaten Pflegezusatz­versicherungen

Wann muss kein Elternunterhalt gezahlt werden?

Wer keinen Elternunterhalt zahlen muss

Unterhaltspflichtig sind nur Verwandte in gerader Linie. Nicht verpflichtet werden können demnach:

  • Enkelkinder
  • Schwiegerkinder
  • Stiefkinder
Icon Kind

Elterliches Vermögen ist vorhanden

Zuallererst muss die pflegebedürftige Person ihr eigenes Einkommen und Vermögen für die Pflegekosten einbringen. Auch der Ehepartner muss sich mit seinem Vermögen an den Pflegekosten beteiligen (Quelle: Bürgerliches Gesetzbuch § 1608). Dabei darf der Pflegebedürftige 10.000 Euro behalten – das ist das sogenannte Schonvermögen. Ein Schonvermögen in gleicher Höhe steht auch dem Ehepartner zu (Quelle: Bundesgesundheitsministerium).

Auch Immobilien können als Vermögen gelten

Grundsätzlich müssen Pflegebedürftige ihr Vermögen, und dazu kann auch eine Immobilie zählen, vermieten oder verkaufen, um das Geld für die Pflegekosten aufzuwenden. Ist die pflegebedürftige Person etwa alleinstehend und zieht vom eigenen Haus ins Pflegeheim, muss sie ihre Immobilie in der Regel verkaufen. Ein Haus oder eine Wohnung können aber unter Umständen als Schonvermögen gelten, zum Beispiel, wenn der Ehepartner des Pflegebedürftigen das Haus oder die Wohnung weiterhin bewohnt (Quelle: Seniorenrecht aktuell, S. 85).

Schenkungen der Eltern können zurückgefordert werden

Viele Eltern übertragen schon zu Lebzeiten Vermögen auf Ihre Kinder, zum Beispiel durch eine Schenkung. Wird ein Elternteil pflegebedürftig und reicht sein Vermögen nicht mehr aus, den eigenen Unterhalt zu bestreiten, dann kann er die Herausgabe des Geschenks von seinem Kind fordern (Quelle: Bürgerliches Gesetzbuch § 528).

Icon Diamant

Das Sozialamt kann dieses Recht auf sich übergehen lassen und so stellvertretend solche Schenkungen zurückfordern, um die Kosten für den pflegebedürftigen Elternteil zu decken (Quelle: zwölftes Sozialgesetzbuch § 93). Sind allerdings seit der Schenkung zehn Jahre verstrichen, kann das Sozialamt das Geschenk nicht zurückfordern. Ausgenommen sind überdies sogenannte Anstands- und Pflichtgeschenke, etwa Geschenke zum Geburtstag, zu Weihnachten oder zu einem Jubiläum (Quelle: Bürgerliches Gesetzbuch § 529 und § 534).


Das Sozialamt übernimmt die Kosten

Die Kinder von Pflegebedürftigen müssen keinen Elternunterhalt zahlen, wenn das Sozialamt die Kosten für den Pflegeheimplatz offiziell übernimmt. Hierfür müssen in der Regel drei Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Die Unterbringung des Elternteils im Heim ist notwendig. Dies wurde zum Beispiel vom medizinischen Dienst bestätigt.
  • Das elterliche Vermögen reicht nicht aus, um die Kosten fürs Pflegeheim zu bestreiten.
  • Das Jahreseinkommen des Kindes liegt unter 100.000 Euro.

Wann Sie Unterhaltszahlungen verweigern können

Wären Sie als Kind eigentlich zur Zahlung von Unterhalt für einen Elternteil verpflichtet, können Sie dies teilweise oder ganz verweigern, wenn es „grob unbillig“ wäre. Das bedeutet, dass es das allgemeine Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise verletzen würde, wenn Sie als Kind für Ihre Eltern finanziell aufkommen müssten (Quelle: BGB.Kommentar.de). Das Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet hier drei Gründe (Quelle: Bürgerliches Gesetzbuch § 1611 (1)):

Sittliches Verschulden

Ein sittliches Verschulden liegt vor, wenn die pflegebedürftige Person aufgrund von Spiel-, Trink- oder Drogensucht pflegebedürftig geworden ist und dies eigenverantwortlich herbeigeführt und eine Behandlung abgelehnt hat.

Icon Flaschen

Vernachlässigung der Unterhaltspflicht

Der Elternteil hat keinen Anspruch auf Elternunterhalt, wenn er oder sie die eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind grob vernachlässigt hat. Dies liegt beispielsweise vor, wenn sich Vater oder Mutter jahrelang nicht um die Kinder gekümmert haben.

Icon weinendes Baby

So entschied das OLG Koblenz in einem Fall aus dem Jahr 2000. Ein Vater hatte nach dem Scheitern der Ehe sein Kind im Alter von zwei Jahren verlassen und keinen Kontakt mehr zu ihm gesucht und keinen Unterhalt gezahlt. Laut dem Oberlandesgericht hat ein Elternteil keinen Anspruch mehr auf Elternunterhalt, wenn mindestens für die Dauer von eineinhalb Jahren kein Unterhalt gezahlt wurde (Quelle: OLG Koblenz, 15 UF 605/99).

Schwere Verfehlungen

Kinder müssen keinen Elternunterhalt zahlen, wenn die Eltern sogenannte erhebliche oder schwere Verfehlungen gegenüber dem Kind oder dessen Angehörigen vorsätzlich begangen haben, vor allem in der Zeit, in der sie selbst noch für das Kind verantwortlich waren. Dazu zählen unter anderem:

Icon Nicht verfügbar
  • Grobe Vernachlässigung
  • Körperliche Misshandlungen und Tötungsversuche
  • Sexueller Missbrauch
  • Denunziation des Kindes beim Arbeitgeber, Finanzamt oder anderen Behörden
  • Wiederholte Beleidigungen oder Drohungen, die eine tiefgreifende Verachtung des Kindes und einen groben Mangel an verwandtschaftlicher Gesinnung implizieren

Nur wenn die Verfehlungen als schwere und grobe Unbilligkeit gelten, können Kinder die Zahlung ganz verweigern. In den meisten Fällen reicht ein reiner Kontaktabbruch oder eine Enterbung nicht aus.

BGH-Urteil (2014): Sohn muss trotz Kontaktabbruch für Vater zahlen

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Ein Kind kann auch dann noch unterhaltspflichtig gegenüber einem Elternteil sein, wenn seit Langem kein Kontakt mehr besteht. Dies zeigt ein Urteil des Bundes­gerichtshofs aus dem Jahr 2014 (Quelle: Bundesgerichtshof). Ein Vater war 2008 in ein Pflegeheim gekommen, in dem er 2012 verstarb. Die Hansestadt Bremen verlangte anschließend vom Sohn anteilig die Pflegekosten für die letzten Jahre, da das Sozialamt diese Zahlungen übernommen hatte. Der Sohn wollte die Zahlung verweigern, mit der Begründung, dass zwischen ihm und seinem Vater seit 1972 kein Kontakt mehr bestand. Zudem hatte der Vater ihn im Jahr 1998 enterbt. Das BGH entschied, dass der Sohn zur Zahlung des Unterhalts verurteilt wird, da ein Kontaktabbruch und eine Enterbung nicht als Grund ausreichend seien, die Unterhaltszahlung zu verweigern.

Unterhalts­pflichten führen oft zu Rechtsstreitigkeiten

Wenn Unterhaltszahlungen geleistet werden müssen, führt dies oft zu Rechtsstreitigkeiten in der Familie, egal, ob es sich um Eltern-, Kindes- oder Ehegattenunterhalt handelt. Wer dagegen rechtlich vorgehen möchte, muss in der Regel mit hohen Kosten rechnen.

Eine rechtzeitig abgeschlossene Rechtsschutz­versicherung unterstützt Betroffene und übernimmt die Kosten für die Anwaltschaft und das Gericht. Dazu muss eine private Rechtsschutz­versicherung mit dem Baustein Unterhalt abgeschlossen werden. Mehr dazu auf unserer Themenseite:

Unterhalts­rechtsschutz­versicherung: So funktioniert es

Wie wird der Elternunterhalt berechnet?

Ob Kinder unterhaltspflichtig sind oder nicht, wird anhand des Jahresbruttoeinkommens entschieden. Die konkrete Höhe des Elternunterhalts wird jedoch anhand des Nettoverdienstes berechnet.

Icon Euroscheine und Münzen

Die Unterhaltsleistungen für die eigenen Eltern sollen keine spürbare und dauerhafte Senkung des Lebensstandards der Unterhaltspflichtigen bedeuten. Daher gibt es Selbstbehalte und Schonvermögen, die die Unterhaltszahlungen begrenzen. Fordert das Sozialamt dazu eine Einkommens­- und Vermögensübersicht an, sollten Betroffene die Regeln zur Berechnung des Elternunterhalts kennen, um alle Abzugsmöglichkeiten zu nutzen. Lesen Sie im Folgenden, wie der Elternunterhalt in zwei Schritten berechnet wird:


Schritt 1: Das bereinigte Nettoeinkommen ermitteln

Berechnen Sie zunächst Ihr Nettoeinkommen:

  • Bei Arbeitnehmenden: der Durchschnitt aus den 12 Nettomonatseinkommen vor Eintritt der Unterhaltspflicht
  • Bei Selbständigen: der Nettodurchschnitt aller Einkünfte aus den letzten drei bis fünf Jahren

Abzugsfähige Posten

Vom bereinigten Nettoeinkommen können mehrere Posten, vor allem Werbungskosten abgezogen werden:

  • Berufsbedingte Aufwendungen (zum Beispiel Fahrtkosten)
  • Kosten für Kreditraten, Zinsen und Tilgungszahlungen (soweit sie aus der Zeit vor dem Inkrafttreten der Unterhaltspflicht stammen)
  • Kosten der allgemeinen Krankenvorsorge und krankheitsbedingte Aufwendungen
  • Aufwendungen zur privaten Altersvorsorge (bis zu fünf Prozent des Bruttoeinkommens)
  • Unterhalt für eigene Kinder oder getrennt lebende/geschiedene Ehegatten

Nicht abzugsfähige Posten

Posten die bereits im Selbstbehalt berücksichtigt sind:

  • Versicherungsbeiträge zur Hausrat-, Haftpflicht- und Kfz-Versicherung
  • Rundfunkgebühren
  • Kosten für Abonnements (zum Beispiel Zeitungen)
  • Miete und Nebenkosten

Schonvermögen

Sind Sie Ihren Eltern gegenüber unterhaltspflichtig, bleibt Ihr Schonvermögen unangetastet. Hier gibt es allerdings keine festgelegten Pauschalen. Stattdessen gilt, dass den Unterhaltspflichtigen angemessene finanzielle Reserven bleiben müssen – was allerdings im Streitfall individuell für jeden Einzelfall ermittelt werden muss. Zum Schonvermögen gehört gemeinhin:

  • Grundsätzlich dürfen Kinder von Pflegebedürftigen nicht gezwungen werden, selbstgenutzte Immobilien in angemessener Größe zur Finanzierung der Pflege ihrer Eltern zu verkaufen. Auch Rücklagen für Sanierungsausgaben an diesen Immobilien werden in der Regel in angemessener Höhe als Schonvermögen anerkannt.
  • Ebenso wie Reserven für Urlaub oder für einen Autokauf oder Autoreparaturen.
  • Auch bleiben Rücklagen für die Altersvorsorge üblicherweise unberührt. Hierbei gilt ein angespartes Vermögen als unantastbar, das einen Wert von fünf Prozent des aktuellen Bruttojahreseinkommens multipliziert mit der Anzahl der Berufs­jahre nicht überschreitet.

Schritt 2: Selbstbehalt abziehen

Kinder sollen durch die Zahlung des Elternunterhalts natürlich nicht selbst in finanzielle Bedrängnis geraten. Daher sieht der Gesetzgeber einen sogenannten Selbstbehalt vor. Das ist der Betrag des Einkommens, den unterhaltspflichtige Kinder behalten dürfen. Dieser Selbstbehalt wird vom bereinigten Nettoeinkommen, also dem Jahresbruttoeinkommen abzüglich Werbungskosten und Schonvermögen, abgezogen.

Ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2024 zeigt, dass ein Mindestselbstbehalt von 2.650 Euro als angemessen angesehen werden kann (Quelle: Bundesgerichtshof, XII ZB 6/24). Hierbei handelt es sich um den Selbstbehalt, der mindestens gewährt wurde. Er kann also durchaus höher liegen. Letztlich gibt es allerdings immer einen Ermessensspielraum, was als angemessener Eigenbedarf angesehen wird (Quelle: Düsseldorfer Tabelle).


Ergebnis: Wie hoch ist der Elternunterhalt?

Von dem ermittelten Betrag aus bereinigtem Nettoeinkommen abzüglich Selbstbehalt müssen Kinder die Hälfte als Elternunterhalt zur Deckung ausstehender Pflegekosten zahlen.

Liegt das so ermittelte bereinigte Nettoeinkommen im negativen Bereich, entfällt die Unterhaltspflicht. Nur wenn der Wert nach allen Abzügen noch über null liegt, darf das Sozialamt darauf zugreifen.


Rechenbeispiel

Um das Thema Elternunterhalt ein wenig greifbarer zu machen, zeigen wir Ihnen im Folgenden ein Rechenbeispiel einer Arbeitnehmerin. Beachten Sie bitte, dass dieses stark vereinfacht ist und keine Besonderheiten berücksichtigt. Die Ermittlung und Berechnung des Elternunterhalts können sich unter Umständen als sehr kompliziert herausstellen und in einigen Fällen auch eine Einzelfallentscheidung sein.

Icon Taschenrechner

1. Berechnung des Jahresbruttoeinkommens

Bruttoeinkommen120.000 €
Mieteinnahmen0 €
Kapitalerträge5.000 €
Jahresbruttoeinkommen125.000 €

Das Jahresbruttoeinkommen unserer Arbeitnehmerin liegt über der Einkommensgrenze von 100.000 Euro. Sie ist somit unterhaltspflichtig.

2. Berechnung des bereinigten Nettoeinkommens

Jahresbruttoeinkommen125.000 €
Jahreseinkommen (netto)67.070 €
Abzüglich privater Kranken­versicherung (pro Jahr) (550 € pro Monat)-6.600 €
Abzüglich privater Altersvorsorge
(550 € pro Monat, allerdings sind nur 5 % des Vorjahresbruttos abzugsfähig)
-6.000 €
Unterhaltsrelevantes Einkommen (pro Jahr)54.470 €
Unterhaltsrelevantes Einkommen (pro Monat)4.539 €

3. Berechnung des Elternunterhalts

Nettoeinkommen pro Monat4.539 €
Abzüglich Mindestselbstbehalt-2.650 €
Zwischenergebnis1.889 €
Elternunterhalt monatlich (50 %)945 €
Icon Blatt mit Lupe

Unterhaltsbescheide sorgfältig prüfen

Prüfen Sie jeden Zahlungsbescheid des Sozialamtes sorgfältig. Häufig kann es sein, dass die Bescheide falsch sind und die Zahlungsaufforderung zu Ihren Ungunsten ausfällt. Hilfe bei der Einschätzung des Bescheides können Sie von einem Anwalt erhalten.

Können Zahlungen für Elternunterhalt steuerlich abgesetzt werden?

Unter bestimmten Umständen können Sie als unterhaltspflichtiges Kind Ihre Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend machen (Quelle: Einkommenssteuergesetz § 33a). Dafür gelten folgende Voraussetzungen:

  • Ein Elternteil wird im Pflegeheim wegen Pflegebedürftigkeit untergebracht.
  • Der pflegebedürftige Elternteil kann die Pflegekosten nicht selbst tragen.
  • Sie sind gesetzlich zur Unterhaltszahlung verpflichtet und zahlen auch tatsächlich Unterhalt.

Wie wird bei mehreren Geschwistern entschieden?

Haben Eltern mehrere Kinder, wird der Elternunterhalt wie folgt berechnet:

  • Kein Geschwisterkind ist unterhaltspflichtig
    Zunächst wird geschaut, ob das Jahreseinkommen eines der Kinder über 100.000 Euro liegt und es somit unterhaltspflichtig ist. Ist dies nicht der Fall, muss kein Elternunterhalt gezahlt werden.
  • Mindestens ein Geschwisterkind ist unterhaltspflichtig
    Jedes Geschwisterkind, das über ein Jahreseinkommen von über 100.000 Euro verfügt, muss zwar für den Elternunterhalt aufkommen, allerdings werden bei der Berechnung des Betrags alle Geschwisterkinder berücksichtigt. Konkret wird der Unterhalt anteilig pro Geschwisterkind berechnet. Während die unterhaltspflichtigen Kinder diesen Anteil selbst zahlen, übernimmt ihn bei den anderen Geschwistern das Sozialamt (Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales).

Die häufigsten Fragen zum Elternunterhalt

Wann muss ich Elternunterhalt zahlen?

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Kinder müssen ihren pflegebedürftigen Eltern nur dann Elternunterhalt zahlen, wenn ihr Jahresbruttoeinkommen über 100.000 Euro liegt. Dies gilt seit Inkrafttreten des Angehörigen-Entlastungsgesetzes vom 1. Januar 2020.

Wird Vermögen beim Elternunterhalt berücksichtigt?

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In der Regel nein. Das Sozialamt berücksichtigt in erster Linie die Einkünfte des Kindes. Vermögen beispielsweise in Form von eigenen Immobilien bleibt gesichert. Außerdem kann das Kind Altersvorsorge­maßnahmen in Höhe von fünf Prozent des Jahresbruttoeinkommens geltend machen.

Wie wird der Elternunterhalt berechnet?

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Grundlage zur Berechnung des Elternunterhalts ist das bereinigte Nettoeinkommen. Unterhaltspflichtige können ein Schonvermögen, Werbungskosten sowie einen Selbstbehalt geltend machen. Der Elternunterhalt ergibt sich dann aus der Hälfte des Betrages, der nach allen Abzügen und Selbstbehalten übrig bleibt.

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Katharina Burnus
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